Meine Freundin Sylvie kennt ihr ja schon. Sie übersetzt meinen Blog und wohnt in Kalifornien. Sie wird fast verrückt, weil sie dort niemandem klarmachen kann, was eine Übergangsjacke ist. Der gemeine Kalifornier trägt 365/12 Badelatschen und Shorts. Kein Klischee, das habe ich mit eigenen Augen gesehen. Ist ja auch klar: Wo immer nur Sommer ist, gibt es keinen Winter. Also auch keinen Übergang. Und wo es keine Übergänge gibt, gibt es auch keine Übergangsjacken. So einfach ist das. Ganz ehrlich: Ich mag Übergangsjacken nicht. Die haben so etwas Unentschlossenes. Sie kommen immer dann zum Einsatz, wenn es weder warm noch kalt ist, wenn es regnen könnte – aber nur vielleicht. Viel schöner wäre es doch, wenn einfach immer klar wäre, was Sache ist. „Ah, es schneit. Es ist Winter. Ich ziehe meine Winterjacke an.“ Oder: „Ah, dreißig Grad: Spaghetti-Hemd und Rock.“ So ist es aber nicht. Jedenfalls nicht in Deutschland. Und im Leben auch nicht. Ständig gibt es Übergänge. Davon handelt mein Blog.

Loslassen, Neues wagen, Transformation.

Das soll heute allerdings der letzte Blogartikel zu diesem Thema sein. Vorerst. Nächste Woche kommt mein Buch raus, dann bin ich „transformiert“. Die Bewältigung von Übergängen bleibt natürlich eine Lebensaufgabe. Dein Leben verändert sich ständig, egal ob du dich bewusst dafür entschieden hast oder es so aussieht, als würden die Dinge einfach so passieren. Panta rei: Alles fließt. In jedem Fall kannst du entscheiden, wie du dich zu den Veränderungen verhalten willst. Du kannst in deinem Rahmen selbst bestimmen, wie deine Transformation aussehen soll. Im Vergleich zu den großen Übergängen, die einem im Leben so begegnen, erscheint die Transformation von der Sportlerin zur Schriftstellerin nicht besonders bemerkenswert. Es ist nur ein kleines Beispiel für die viel größeren Lebensveränderungen. Immer wenn etwas Entscheidendes zu Ende geht oder neu anfängt: Eine Beziehung, die Ausbildung, das Arbeits- oder Familienleben … Ich denke, es ist wichtig, sich darüber bewusst zu sein, dass diese Übergänge von Unsicherheiten und Ängsten begleitet werden. Immer. Alles andere wäre stumpf und dumm.

Vielleicht brauchst du für diese kalten Gefühle eine Art Übergangsjacke.

Die Kunst besteht darin, diese Übergänge überhaupt als solche zu erkennen. Es gibt ja keinen Kalender für sowas. Und dann geht es darum, die durch den Übergang ausgelösten Gefühle anzunehmen, auch wenn sie unbequem und schmerzhaft sind. Abschied, Traurigkeit, Angst vor dem Unbekannten, Unsicherheit, vielleicht auch Einsamkeit. Das alles gehört dazu. Ich bin fest davon überzeugt: Nur wenn wir diese Gefühle zulassen, dann können wir auch das andere fühlen, das Frühlingshafte, das Wunderbare: Den Zauber des Anfangs. Das Kribbeln, die Neugier, die Freude, die Lust, das Wachstum und dann: Das neue Selbstbewusstsein.

Es bringt jedenfalls nichts, die negativen Gefühle zu bekämpfen, sie so schnell wie möglich „wegmachen“ zu wollen, weil sie so unangenehm sind. Das ist vielleicht auch eine Sache, die ich aus dem Triathlonsport mitnehme. Wenn du etwas Großes erreichen willst, wenn du die unbändige, unfassbare Freude des Zieleinlaufs richtig spüren willst, dann musst du vorher den Schmerz zulassen, ihn als deinen treuen Wegbegleiter akzeptieren – und zwar sehr lange. Sonst kommst du nicht an.

Es spricht natürlich nichts dagegen, sich für die harten Übergänge eine Jacke zuzulegen.

Bei sieben Grad Außentemperatur und Regen würde ja auch kein Mensch im Badeanzug Radfahren. (Außer ich, als ich beim Limmer-Triathlon halb erfroren von der Radstrecke gepflückt und im Wärmezelt wiederbelebt werden musste.) Im echten Leben empfehle ich für Übergänge eine Funktionsjacke, gute Freunde und einen Coach.

So jetzt kommt ein harter Übergang. Zieht euch warm an: Nächsten Montag kommt kein Blog von mir. Da muss ich das Feuerwerk vorbereiten für mein Release … Nee, das stimmt gar nicht. Ehrlich gesagt: Ich bin schon vor Erscheinen meines Romans völlig ausgelaugt, habe wohl ein bisschen zu viel Gas gegeben: Lektorat, Korrektorat, Buchsatz, Webseite, Instagram … Ich bin definitiv im Übertraining und brauche eine Pause, sonst wird das nichts mit der unbändigen Freude beim Zieleinlauf. 

Wenn ich mich regeneriert habe, dann mache ich weiter mit meinem Blog. Es wird um Dinge gehen, die im Roman auch eine Rolle spielen. Ich werde etwas schreiben über die Kraft von Freundschaft, Liebe und Musik. Über das Schreiben, das Lesen und über das Laufen. Da mein Roman eine Coming of Age Geschichte ist, bleibe ich also beim Thema Übergänge und Transformation: Gibt es eine wichtigere Verwandlung im Leben als das Erwachsenwerden?