Der Start in meine vier USA-Trainingswochen hätte einfacher sein können. Dabei fing alles so viel versprechend an: Der Flieger von London nach Miami war total leer! Mehrere Sitzreihen frei, Beine komplett ausstrecken und richtig schlafen! Auf die Frage, warum der Flieger so leer sei, zuckte die Stewardess nur die Schultern. Normalerweise sei die Strecke gut gebucht. Inzwischen glaube ich, man hat das Personal angewiesen nichts zu sagen. Damit es keine Panik gibt. In Miami gab’s ein kostenloses Upgrade auf den Mietwagen. Nur weil ich ein bisschen gejammert habe, dass mein Radkoffer nicht gut in das billige Standardmodell reinpasst. Es waren ungewöhnlich viele Mietwagen da. Ich durfte einfach einen Jeep nehmen. Auch hier hätte ich stutzig werden können.

Als ich auf dem Weg von Miami nach Clermont zwischendurch anhielt, um Essen und Getränke zu kaufen, waren zwei Regalreihen komplett leer. Es gab weder Wasser noch Konserven. Derartiges habe ich zuletzt als Kind in den 80ern gesehen. Im sozialistischen Polen kurz nach Aufhebung des Kriegsrechts. Gut, Hering in Tomatensauce wollte ich auf der Fahrt eh nicht essen. Ich kaufte was Frisches und Cola und fragte mich an der Kasse nur sehr kurz, was für ein sonderbares Sinnbild leere Supermarktregale im Kapitalismus abgeben.

Die Antwort auf meine Frage habe ich heute Morgen bekommen. So ein Jeep, der schluckt ganz gut was. Und ohne Auto geht hier gar nichts. Also musste ich tanken. Erste Tankstelle: Fehlanzeige. „Sorry, we are out of gas.“ Zweite, dritte, vierte Tankstelle: dasselbe. Ein junges Mädchen hat mir den Weg zu einer fünften Gasstation beschrieben. Dort habe man größere Vorräte. Ganz Florida bereitet sich auf Irma vor. Keiner weiß, ob der Hurrikan kommt, wann er kommt und wie stark er noch sein wird. Es heißt, so einen heftigen Hurrikan habe es über dem Atlantik noch nie gegeben. Die Florida Keys im Süden sind schon evakuiert. Das Auswärtige Amt rät von Urlaubsreisen nach Florida ab. Klar, dass ein Flug nach Miami in diesen Tagen nicht so der Topseller ist, und Mietwagen in Massen stehen bleiben.

Die Karibikinseln Barbuda und Saint-Matin sind schwer zerstört. Der Nerdfreak in mir macht sich selbst in dieser Lage Sorgen übers Training. Weil Irma ja nun aber noch nicht da ist, hab ich also Irma Irma sein lassen und bin eine kleine Runde locker gelaufen. Wasservorräte lege ich mir die Tage noch irgendwie an. Und wenn die Stromversorgung lahm gelegt und alle Supermärkte dicht sind, dann trinke ich eben den ganzen Tag Isopulver. Man ist schon im Vorteil als Triathletin.

Ich wohne hier direkt am See und das Wasser ist schön warm. Nach dem Laufen wollte ich noch ein bisschen schwimmen gehen. Man sagte mir, ich könne da ruhig rein. Die Alligatoren seien ja nicht in der Mitte des Sees. Die würden nur dahinten im Schilf sitzen. Das sind doch endlich mal gute Nachrichten hier. Und eben gerade habe ich eine Kakerlake in meinem Haus zur Strecke gebracht. Alles wird gut!

Aloha, Eure Katy