Ich hätte lieber acht Wochen El Arenal buchen sollen. Dann hätte ich am Strand Sangria mit Strohhalm geschlürft. Jeden Tag. Zwei Stunden Flug, außer Bikini, Badelatschen und Partykleid hätte ich nix mitnehmen müssen, eigentlich nur Handgepäck. Und als Vorbereitung hätten ein paar feuchte Abende in der Bierbörse gereicht. Aber was mache ich stattdessen? Triathlon und Trainingslager. Zehn Stunden Flug von Hannover über London nach Miami mit Koffer, Radkoffer und Rucksack am Hals. Und dann die ganze Vorbereitung!

Das Fahrrad muss vorher natürlich nochmal so richtig durchgecheckt werden. Dafür habe ich einen Guru. Der heißt Rolf und ist für mich der Gott des Schraubens. Er kennt das Gewicht jedes Schnellspanners und wechselt den Schlauch in unter einer Minute. Er kann jedes aerodynamische Detail in Watt umrechnen und sein eigenes Rad ist so leicht, das kann man mit dem kleinen Finger hochheben. Als ich bei ihm bin und er an meinem Rad rumschraubt, sagt er: „Na, ja. Hawaii machst du nur noch so mit, was? Finishen als Ziel!“ Ich reiche ihm sein Werkzeug und murmele beiläufig was von „Podium“. Er hört auf zu schrauben. Sieht mich an. Ich stammele: „Äh, so als Traum vielleicht. Altersklasse, weißt Du.“ Stille. Rolf war selbst schon auf Hawaii. Kennt sich aus. „Also mit diesem Rad hier“, sagt er und legt sein Werkzeug weg, „schaffst Du‘s nicht.“ Betreten schaue ich zu Boden. Ob das jetzt Entmutigung oder Ansporn ist, keine Ahnung. Am Ende jedenfalls schiebe ich das Beste aus Rolfs Werkstatt heraus, was mein fünf Jahre altes Scott Plasma noch hergibt.

Dann stelle ich mir vor, wie es hinterher heißt: Hey, habt ihr die Frau da gesehen? Du meinst die ältere Lady mit dem Klapprad? Stellt Euch vor: Die hat´s tatsächlich auf Platz drei geschafft!

Weil das veränderte Material ja dann trotz der bekannten Defizite getestet werden muss, mache ich am Samstag vor meinem Abflug noch beim Triathlon vor meiner Haustür mit. Statt Vorbereitung in der Bierbörse olympische Distanz am Maschsee. Gedankenversunken fummele ich vor dem Rennen in der Wechselzone an meinen eingeklickten Radschuhen herum. Knote sie mit Gummibändern am Rahmen fest, fülle mein Bike-Streamer mit Iso-Getränk, stopfe einen Schwamm drüber, streue Babypuder in meine Laufschuhe. Dabei bemerke ich nicht, dass seit geraumer Zeit Olli neben mir steht. Olli ist Läufer und der Fotograf der Veranstaltung. Er hat mein ganzes Gewese beobachtet. „Ihr Triathleten seid echt Freaks“. Jetzt, wo er das sagt, fällt´s mir auch auf. Ich überlege, ob Freak oder Nerd besser passt. Olli weiß es auch nicht. Ich muss dann auch zum Start und kann da nicht mehr drüber nachdenken.

Nach dem Rennen fühle ich mich gut. Der Wettkampf hat die Rohre nochmal so richtig schön frei gepustet. Ich habe mich nach dem Ironman drei Wochen lang ganz schön hängen lassen und bin träge geworden. Aber das wird jetzt wieder anders!

Die Koffer sind eingecheckt, das Abschiedsessen ist eingenommen und gewählt habe ich auch. Alle aufwändigen Vorbereitungen sind passé. Es ist doch ganz gut, dass ich nicht nach El Arenal fliege. Ich mag auch gar keine Sangria, trinke lieber Isogetränk aus dem Bike-Streamer. Mit Strohhalm und Schwamm. Nerdfreak halt.

So, und jetzt mache ich mich auf den Weg. Road to Kona! Noch 39 Tage. Der Kona-Countdown läuft!

Aloha, Eure Katy