„Erst jetzt, eineinhalb Jahre und eine Pandemie später, spüre ich wirklich, wie befreiend mein Leben ohne Wettkampf ist, wie viel Raum auf einmal da ist. Über Corona gibt´s nichts Gutes zu sagen, aber über Selbsterkenntnis, Veränderung und neue Wege schon. Darüber möchte ich in meinem neuen Blog schreiben.“

Ironman? Nie wieder!

Wer hätte gedacht, dass 2019 erstmal das letzte Ironman-Jahr werden würde? Als ich nach dem Ironman Hawaii 2019 „Nie wieder“ gesagt hatte, meinte ich tatsächlich „Nie wieder“ und wusste noch nichts von einer Pandemie, die sowieso alle Wettkämpfe verhindern würde.

Ich weiß, jede:r flucht im Ironman irgendwann: „Nie wieder!“ Das passiert spätestens auf der Laufstrecke, so ab km 21, wenn dir die Oberschenkel den Schmerz in den Körper hämmern, du völlig unterzuckert bist und nichts Süßes mehr herunterbekommst, bei Cola, Gel und Iso nur noch würgen musst. Aber das wäre ein ganz normales Triathleten-Nie-wieder gewesen: Im Ziel freust du dich dann, taumelst vor Glück: „Geschafft!“, futterst eine Tüte Chips, nimmst dir den nächsten Tag trainingsfrei und am übernächsten denkst du schon wieder an eine blumige Radrunde vor deiner Haustür und ans nächste Rennen. So ein „Nie wieder“ war es dieses Mal nicht.

Es war mein zehnter Ironman, der vierte auf Hawaii, diesmal war es ein anderes „Nie wieder“. Eines, das sich schon vor dem großen Rennen auf der Trauminsel in mir breit gemacht hatte. So breit, dass ich gar nicht mehr hinfahren wollte, alles abblasen, den lieben Gott einen guten Mann sein lassen, den Schmerz nicht mehr fühlen. Ich habe Freunde gefragt, was ich machen soll. Immerhin war ich qualifiziert. Ironman Hawaii, der Triathleten-Traum – darum geht es am Ende doch, oder? Sowas schießt doch keine:r einfach in den Wind. Oder?

Ich hatte so hart trainiert, so viel Zeit reingesteckt. Sollte das etwa alles umsonst gewesen sein? Keine:r konnte mir einen Rat geben. Also habe ich mich noch einmal über die Strecke gequält. Wieder 3,8 km im Pazifik schwimmen, wieder 180 km durch die Lavawüste Radfahren, wieder 42 km in der schwarzen Asphalthitze laufen. Kein Schatten, nirgends. Ich wusste, es würde wehtun, und es tat weh. Mehr denn je. Und die Freude im Ziel hielt sich in Grenzen. Ja, ich hatte es wieder geschafft. Und ja: Darauf war ich stolz – irgendwie jedenfalls, aber das strömende Glück früherer Triathlon-Tage fehlte völlig. Ich war einfach nur fertig.

Mein „Nie wieder“ hat mir trotzdem keine:r abgenommen – am wenigsten ich selbst. Es brauchte ein Jahr Pandemie, bis ich wirklich spüren konnte, wie befreiend mein Leben ohne Wettkampf ist. Wie viel Raum für Neues auf einmal da ist. Über Corona gibt´s nichts Gutes zu sagen, aber über Selbsterkenntnis, Veränderung und neue Wege schon. Darüber möchte ich in meinem neuen Blog schreiben. Und auch wer mit Triathlon und Ausdauersport nichts am Hut hat, kennt das bestimmt: Du willst in deinem Leben schon lange etwas Neues machen, du bist bereit. Aber erst wenn sich die äußeren Bedingungen ändern, schaffst du es wirklich.