Alle im Hostel haben schon die Kajaktour mit Farid gemacht, sie soll sooooo toll sein, amazing, fantastic und alle anderen gängigen Begeisterungsworte von Rucksackreisenden werden benutzt, um das Erlebnis Kajaktour mit Farid zu beschreiben. Es geht recht früh los, um halb acht werde ich mit dem Pick-Up abgeholt, ich sitze erstmal alleine hinten auf der Bank – Cabriofeeling, Open Air, der Wind weht wieder um Nase und Haare, während wir über die Insel düsen, um die nächsten Leute abzuholen. Freude und Vorfreude zugleich! Das erste Pärchen, das mit von der Partie ist, stammt aus Neuseeland, Alain und Victoria stellen sich gleich bei mir vor und wir kommen schnell ins Gespräch. Beide sind schon länger unterwegs und waren auch in Vietnam. Detailliert lasse ich mir ihre Route erläutern, ich bekomme „Geheimtipps“, mache sofort meine Notizen. Ich sehe in zwei begeistere junge Gesichter, aus denen die Erlebnisse nur so heraussprudeln. Sie können ihre Reise so vielfältig, nachdenklich, klug und zugleich voller Lebensfreude mitteilen! Es steigt auch Julia ein, eine Medizinstudentin aus Regensburg, sie ist wie ich alleine unterwegs. Und am Ende gibt es ein Wiedersehen mit der französischen Familie, die ich am Tag zuvor am Wasserfall getroffen haben. Es gibt keine Zufälle. Das soll wohl so sein. Wir fahren von Koh Lanta Yai über die Brücke hinüber nach Koh Lanta Noi. Hier wohnen nur Einheimische, es gibt keine Hotels, alles ist saftig grün, Palmen, Bananenstauden, einige Motorroller, wenig Autos, Bretterbuden. Die Fahrt geht weiter in einem Longtailboat. Wir fangen an, uns zu fragen, wann denn die Kajaktour eigentlich beginnt. Aber alles bis hierhin ist einfach schon toll, amazing, fantastic. Direkt vor einer kleinen Insel schwimmen vier Kajaks völlig herrenlos mitten im Meer. Das sind unsere. Ich frage mich, wann und wie Farids Leute sie hierher gebracht haben. Vom Boot aus steigen wir in die Kajaks und paddeln los. Außer uns ist niemand auf dem Meer. Wirklich niemand. Nur vier Kajaks und eine kleine, unbewohnte Insel. Schon bald legen wir an und Farid zeigt uns eine Höhle. Über eine Leiter aus Autoreifen müssen wir ungefähr vier Meter an der steilen Felswand hochklettern, bis wir die Höhle erreichen. Ein bisschen Mut muss ich schon zusammennehmen, um hochzukommen. Oben angekommen ruft Farid: „Easy banana!“ Das scheint sein Markenzeichen zu sein, der Schlachtruf wird so oft wiederholt, bis alle eher belustigt als genervt mit den Augen rollen. Im Inneren der Höhle zeigt sich ein ungeheuerliches Farbspiel. Die Wände sind mal glatt, mal schlagen sie spitze Falten, sind moosig grün, dazwischen Kalkablagerungen und roter Stein. Durch einen Schlitz im Felsen strahlt Licht herein. Als hätte jemand die Spots angemacht. Als wolle da jemand zeigen: Schau her, so schön ist sie, diese Höhle. Außer uns ist niemand in der Tropfsteinhöhle. Farid kennt die besten Stellen, um Fotos zu machen. Die Kletterpartie wird fast zur Fototour. Man wirft sich in Posen, es wird in die Kamera gelacht. Meine Handyfotos sind am Ende weit entfernt von dem herrlichen Lichtspiel in der Höhle. Es kommen immer wieder etwas schwierigere Stellen, aber es gibt Seile, an denen man sich festhalten kann. Wir klettern durch ein kleines Loch auf eine Art Plateau und danach folgt das schwierigste Stück: Es geht ungefähr fünf Meter rückwärts an einem Seil den Felsen hinunter. „Easy banana!“ Danach wird erstmal ein bisschen gepaddelt. Julia und ich sind ein gutes Team. Sie hat beim Unisport schon mal einen Kurs gemacht und steuert hinten, ich paddele vorne. Die See ist sehr ruhig. Das Eintauchen der Paddel ist das einzige Geräusch, manchmal schreit das kleine, französische Mädchen in die Stille hinein. Wir legen an einem winzig kleinen Robinson-Strand an, Fardis Leute haben das Longtail-Boot dorthin gebracht und auf Decken leckeres Thai-Essen ausgebreitet. Hinter den Picknick-Decken lauert zwischen den Büschen eine Affenhorde. Makaken. Der Anführer ist sehr forsch und möchte auf die Decke springen, durch Steinwürfe wird er vertrieben. Er bekommt am Ende die abgenagten Hähnchenknochen und etwas Reis. Damit gibt er sich zufrieden. Erst als er satt ist, dürfen die anderen Hordenmitglieder fressen. Es sind offenbar kleinere Weibchen und Jungtiere. Ich hatte vorher von einem Affen gehört, der einer Touristin auf die Schulter gesprungen ist und sie in den Arm gebissen hat, weil sie ihr Essen verteidigen wollte. Ich bin froh, dass sie heute friedlich sind. Die Affen. Und die Menschen. Wir gehen schwimmen. Das Wasser ist herrlich warm. Alain, Victoria, Julia und ich schlendern danach am Strand durch´s Wasser, als wir plötzlich etwas klatschen hören. Tausende und Abertausende kleiner Fische schwimmen in großen Schwärmen am Ufer entlang. Dann, ganz unvermittelt, springt wieder der gesamte Schwarm aus dem Wasser heraus und klatscht zurück. Wir diskutieren, was da los sein könnte und vermuten, dass der Schwarm wohl vor Räubern flieht. Ein paar Gedanken über Schwarmverhalten und Schwarmintelligenz folgen. Nach der Pause paddeln wir noch ein paar Minuten und Farid zeigt uns eine zweite Höhle, die aber im Moment nicht begehbar ist. Zu wenig Sauerstoff. Beim Rücktransport der Kajaks können wir uns dann wenigstens ein bisschen beteiligen: Farid bindet drei Kajaks hintereinander am Boot fest, wir bleiben drin und werden wie auf Wasserskiern gezogen. Das Boot nimmt ganz schön Fahrt auf, Wind, Wasser und Wellen machen das ganze zu einem ausgewachsenen Fun-Ereignis. Ein bisschen wie surfen. Wir werden von oben bis unten nass, kreischen und lachen. Am Abend werden die Abenteuer des Tages bei ein, zwei Chang-Bier ausgetauscht. Morgen koche ich. Kochen mit Mon. Thailändische Open-Air-Küchen direkt vor der Haustür des Hostels. Sweet Life. Ich muss mich ständig kneifen. Bin ich das, die das alles erleben darf?